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Wiege des deutschen Notariats am Mittelrhein

Die Geschichte des Notariats im Bezirk der Notarkammer Koblenz reicht weit ins Mittelalter zurück. Nach dem Vorbild des italienischen Notariats finden sich bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts notarielle Urkunden im mittelrheinischen Raum. Zu nennen sei eine Koblenzer Urkunde von 1285, zwei Mainzer Urkunden von 1292 und ein Trierer Notariatsinstrument von 1294. In den drei Erzstiften Koblenz, Mainz und Trier waren von nun an ständig Notare ansässig und in Trier wurde sogar eine Ausbildungsstätte für Notare, die sog. „Schole“ ins Leben gerufen. Notare schufen mit ihrer Unterschrift und einem Handzeichen (sog. Signet) eine Urkunde, die öffentlichen Glauben besaß (sog. instrumentum publicum). Bereits 1310 wurde auf einer Synode im Erzstift Trier bestimmt, dass Notare ein Protokoll aufnehmen sollten und über ihre Ausfertigungen Buch führen sollten. Beurkundungen sollten grundsätzlich nicht geheim, sondern in der Öffentlichkeit und unter Hinzuziehung zweier Zeugen erfolgen. Weitere Regelungen zu den Notaren finden sich für Mainz bereits aus dem Jahr 1356 und für Trier aus dem Jahr 1449. Die kirchlichen Notare wurden mit päpstlicher Vollmacht von den Bischöfen ernannt und waren neben notariellen Tätigkeiten auch mit gerichtlichen Entscheidungen betraut. Im weltlichen Bereich wurden die kaiserlichen Notare von den Hofpfalzgrafen ernannt. Oft waren die Stadtschreiber gleichzeitig als Notare tätig. Als Organisationsform der Notare finden sich sog. collegia notariorum, die eigene Statuten mit berufsrechtlichen Regelungen besaßen.

Wormser Notarsignet aus dem Jahre 1311

 Reichsnotariatsordnung in der frühen Neuzeit

Trierer Notarsignet aus dem Jahre 1627

Detaillierte Regelungen zum Notariat brachte dann die Reichsnotariatsordnung von 1512, die bis zum Untergang des heiligen römischen Reichs deutscher Nation die gemeinsame Rechtsgrundlage des deutschen Notariats bildete. Die Haupttätigkeiten des Notars lagen bereits damals im schuld- und sachenrechtlichen Bereich. Daneben traten aber auch Tätigkeiten im forensischen Bereich. Im Gegensatz zum italienischen Rechtszustand hatte sich die Reichsnotariatsordnung allerdings nicht dazu entschließen können, Notarkorporationen vorzusehen, die in Italien als Standesvertretungen den Beruf stärkten. Für das Kurfürstentum Mainz sind im Notarmatrikel des Reichskammergerichts für die gesamte Zeit von 1282 bis 1803 496 Notare verzeichnet. Tatsächlich wird die Zahl der Notare größer gewesen sein. So wurden in Trier im Jahr 1740 44 und in Koblenz 1763 34 Notare gezählt. In Trier waren die Notare in der frühen Neuzeit in „Consistoriales“ zusammengeschlossen. Auch auf dem Land gab es Notare. So sind 1787 im kurtrierischen Hof- und Staatskalender beispielsweise im Amt Montabaur vier, im Oberamt Zell sechs, im Amt Mayen drei im Amt Boppard zwei, im Amt Prüm und Daun jeweils zwei, im Oberamt Saarburg zwei, im Amt Wittlich vier und im Amt Bernkastel sogar sechs Notare verzeichnet.

Modernes öffentliches Notariat am Rhein nach französischem Vorbild

Stichtag für das moderne Notariat in dem Bezirk der Notarkammer Koblenz war der 23. Januar 1798. In den von Frankreich annektierten linksrheinischen Gebieten, also den Departements Rhein und Mosel (Koblenzer Raum), Saar (Trierer Raum) und Donnersberg (Rheinhessen und Pfalz mit der Hauptstadt Mainz) wurden die Notare als von der Advokatur klar getrennte öffentliche Beamte eingesetzt. Gleichzeitig besaßen sie aber weitgehende Unabhängigkeit vom Staat. Gemäß den Grundsätzen des Ventose-Gesetzes vom 16. März 1803 war der Notar unabsetzbar und auf Lebenszeit angestellt. Es wurden durch Regierungsbeschluss vom 24. Dezember 1803 die Notarkammern Koblenz, Simmern, Trier, Prüm, Birkenfeld-Kusel und Mainz gegründet, deren Aufgabe in der „Aufrechterhaltung der Disziplin der Notare“ bestand. Nach der Inbesitznahme der rheinischen Gebiete durch die preußische Staatsverwaltung in den Jahren nach 1813 behielt man das vorgefundene Notariatssystem bei. Allerdings wurde mit Verordnung vom 25. April 1822 die dem preußischen Staat fremde Selbstverwaltung durch Notarkammern beendet. Die entstandene schmerzliche Lücke versuchte man notdürftig durch die Gründung des „Vereins für das Notariat in Rheinpreußen“ im Jahr 1856 zu schließen.

Koblenzer Notarurkunde aus dem Jahre 1892

Vereinheitlichung des Notariatsrechts in der Zeit des Nationalsozialismus und Zusammenbruch

Ernennungsurkunde für einen Koblenzer Notar von 1945

Vorhaben zur Vereinheitlichung des Notariatsrechts in Deutschland in der Kaiserzeit und der Weimarer Republik scheiterten an den großen lokalen Unterschieden im Bereich des Notariats in Deutschland. Zu einer solchen Vereinheitlichung kam es erst mit der Reichsnotarordnung vom 1. Juli 1937. Die bereits 1934 eingerichtete Reichsnotarkammer wurde darin als Körperschaft des öffentlichen Rechts neu konstituiert. In den Oberlandesgerichtsbezirken richtete man ebenfalls Notarkammern ein. Es handelte sich dabei jedoch lediglich um unselbständige Dienststellen der Reichsnotarkammer (sog. „örtliche Gliederungen“). Nach dem Zusammenbruch gestaltete sich der Wiederaufbau schwierig, zumal viele Notarstellen infolge Kriegsgefangenschaft verwaist waren.
Die amerikanische und später die französische Besatzungsmacht ernannte kurzerhand zahlreiche neue Notare; einige von ihnen waren in der Zeit des Nationalsozialismus noch wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ nicht zugelassen worden. Auch führte der Zuschnitt der Besatzungszonen zu Friktionen im bisherigen Oberlandesgerichtsbezirk Köln und damit im rheinischen Notariat.

Gründung der heutigen Notarkammer Koblenz im Jahr 1949

Zur Gründung der Notarkammer Koblenz kam es nach dem zweiten Weltkrieg. Das Oberlandesgericht Koblenz wurde im November 1946 im Zuge der Bildung des Landes Rheinland-Pfalz errichtet. Das Notariat in diesem Bezirk war damals nicht einheitlich gestaltet. Im Regierungsbezirk Trier und im linksrheinischen Teil des Regierungsbezirks Koblenz bestand das Nur-Notariat, wie es aus der rheinischen Tradition gewachsen ist. Im rechtsrheinischen Teil des Regierungsbezirks Koblenz und im (später aufgelösten) Regierungsbezirk Montabaur, der aus der früheren preußischen Provinz Hessen-Nassau abgetrennt wurde, bestand das Anwaltsnotariat. In Rheinhessen fand man wiederum das rheinische Nur-Notariat vor. Die Wahrnehmung der berufsständischen Belange erfolgte zunächst durch nach dem Krieg gegründete Notarvereine in Mainz und Koblenz. Die gesetzliche Grundlage für die Schaffung einer Notarkammer wurde mit der am 3. September 1949 verkündeten Notarordnung für Rheinland-Pfalz gelegt. Am 19. November 1949 versammelten sich in Koblenz nahezu alle Notare des Oberlandesgerichtsbezirks Koblenz, wählten den Vorstand und beschlossen die Satzung. Damit war die Notarkammer Koblenz ins Leben getreten. Die Notarordnung für Rheinland-Pfalz dehnte das hauptberufliche Notariat auch auf die rechtsrheinischen Landesteile aus, indem sie bestimmte, daß eine Neubestellung von Anwaltsnotaren und Notaranwälten nicht mehr stattfindet. Die Ausgabe des Gesetzblatts erfolgte, wie das Bundesverfassungsgericht später festgestellt hat (DNotZ 1963, 621), kurz bevor mit dem Zusammentreten des Deutschen Bundestags zu seiner ersten Sitzung am 7. September 1949 die Gesetzgebungskompetenz auf den Bund überging.

Die Notarkammer Koblenz bis heute 

Auf Bundesebene wurde mit der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961 eine Regelung zu den Notarkammern und der Bundesnotarkammer geschaffen. Die Rheinland-Pfälzische Landesnotarordnung von 1949 wurde durch sie aufgehoben. Vor allem bestätigte die Bundesnotarordnung das hauptberufliche Notariat in Rheinland-Pfalz. Das Anwaltsnotariat lief mit der Niederlegung des letzten Rechtsanwalts und Notars im Jahr 1971 vollständig aus. 1962 erfolgte die Gründung der Notarversorgungskasse Koblenz und im Jahre 1965 erwarb die Notarkammer das Gebäude Hohenzollernstraße 18 in Koblenz, das bis heute Sitz der Notarkammer Koblenz ist. Nach der Wiedervereinigung leistete die Notarkammer Koblenz Aufbauhilfe im Partnerbundesland Thürigen sowie in Litauen. Diese Tradition reicht bis in die Gegenwart und hat sich auf die Unterstützung sog. Transformationsstaaten des Balkans und des Kaukasus sowie Asiens verlagert. Die Notarkammer Koblenz wurde von den vielen ehrenamtlich engagierten Kolleginnen und Kollegen, vor allem aber durch die Persönlichkeit ihrer Präsidenten geprägt: 1949-1969 Justizrat Carl Wehrens (Koblenz), 1969-1981 Justizrat Prof. Dr. Hans-Armin Weirich (Ingelheim), 1981-1993 Justizrat Hans-Joachim Massing (Andernach), 1993-2001 Justizrat Willi Decku (Trier), 2001 – 2017 Justizrat Richard Bock (Koblenz) und seit 2017 Justizrat Dr. Ulrich Dempfle (Trier). Dass es seit der Gründung der Notarkammer Koblenz nach dem Krieg nur sechs Präsidenten gegeben hat, zeugt von der Kontinuität der Arbeit der Standesorganisation der Notarinnen und Notare.

Kammergebäude in Koblenz von 1965

Ehemalige Präsidenten der Notarkammer Koblenz

Justizrat Carl Wehrens

Justizrat Hans-Joachim Massing

Justizrat Richard Bock

Justizrat Prof. Dr. H.-A. Weirich

Justizrat Willi Decku

Weiterführende Literatur:

Notarkammer Koblenz (Hrsg.): 50 Jahre Notarkammer Koblenz 1949-1999, 1999

Schmoeckel/Schubert (Hrsg.): Handbuch zur Geschichte des Notariats der europäischen Tradition, 2009
dies. (Hrsg.): Handbuch zur Geschichte des deutschen Notariats seit der Reichsnotariatsordnung, 2012

Koblenz im September 2014, Dr. Steffen Breßler